belastungstest

tag 3 der chaostage der s-bahn benötigt eindeutig mehr als 140 gezwitscherte zeichen. ey, leute, man, jetzt wirds allmählich eklig. das s-bahn-chaos im januar hatte im gegensatz zum aktuellen definitiv einen großen vorteil: es war kalt und alle trugen dicke jacken. heute morgen musste man schon ein sehr großer menschenfreund sein, um in diesen fahrenden pferchen stoisch zu bleiben. vom kleben der eigenen nackten an diverser anderer unbekannter ebenfalls nackter haut mal ganz abgesehen, wollte ich eigentlich nicht wirklich wissen, was mein quetsch-nachbar zur linken gestern abend gegessen und der zur rechten offentlich schlecht verdaut hatte. die s-bahn-mutter deutsche bahn hat ja für ihre heutige vorstandssitzung ein großes köpferollen angekündigt. leute! hallo? lasst erstmal eure räder wieder rollen – die köpfe können (und sollten) folgen.

ein fall von selbstüberschätzung

ein fall von selbstüberschätzung


dresden behauptet von sich selbst „die schönste stadt deutschlands“ zu sein. ich frage mich: warum oder wann war das oder wann wird das sein? große teile der stadt sind in einem geradezu räudigen zustand, bei dem man sich fragt, wie lange die deutsche einheit und die einführung des solidarzuschlags nebst ostförderung eigentlich her sind. es ist nicht so, dass sich in dresden nix tut. ganz im gegenteil: die ganze stadt ist eine einzige baustelle. baustelle der waldschlösschenbrücke direkt vorm hotel. ihre krähne und erdhügel verstellen den von der hotelwebsite so gelobten canaletto-blick. ganz davon abgesehen, dass ich mich bei canaletto gar nicht an diese riesigen plattenbauten erinnern kann. baustelle an der frauenkirche. gerade erst so feierlich eröffnet, klafft neben der kirche ein riesiges loch, wühlen bagger, lärmen presslufthammer, was den genuss eines kaffees auf dem ansonsten einzigen wirklich nett hergerichteten platz der stadt etwas trübt. baustelle am altmarkt. hier entsteht ein nh-hotel. prima das korrespondiert hoffentlich nicht mit dem extrem üblen 70er-jahre-bau des kulturpalastes, der den blick auf die altstadt komplett verstellt und m.e. abgerissen gehört. baustelle in der prager straße, der einkaufsstraße dresdens mit den gleichen blicklosen hochhausglasshoppingpalästen wie in jeder deutschen stadt. keine baustellen an oper, zwinger, schloss, albertinum oder brühlschen terrassen. hier würde man sie sich allerdings wünschen. denn die vorzeigeobjekte dresdens dräunen dem betrachter mit rußgeschwärzten fassaden entgegen. soll das eine mahnung sein? wenn ja, ist sie misslungen. die stadt wirkt in weiten teilen unfreundlich und abweisend und städteplanerisch konzeptionslos. ich kann da nur einen tipp geben: entweder zwanzig jahre warten mit dem hinfahren bis hoffentlich alle baustellen beendet wurden oder hinfahren angucken weiterfahren – zum beispiel nach meißen, geradezu ein juwel mittelalterlicher baukunst und eines behutsamen wiederaufbaus.

also, nee…

also, nee…

… das geht jetzt aber zu weit. mein geliebtes star-wars-imperium besetzt die mir nicht.

die macht wird sowieso nicht mit dir sein, angie. und ein obi-merkel wirst du nie!

novemberpicknick

novemberpicknick


die welt hat heute endlich mal eine wirklich wichtige frage zur abstimmung gestellt: soll der buß- und betttag wieder eingeführt werden? ein eindeutiges JA. nicht nur von mir. 87% der anderen sicherlich 353 repräsentativen stimmen sind dafür. das war ja auch ein so schöner feiertag. gut, mit dem büßen hatte ich als freischaffende protestantin (sprich: keiner kirche angehörend) es jetzt nicht so. aber das mit dem bett habe ich immer sehr ernst genommen. was soll man auch sonst an so einem i.d.r. trüben, grauen, nasskalten novembertag anderes machen als gemütlich im bett ruhen und sich einmal wieder ganz kontemplativ mit der welt auseinandersetzen? ja, schade schade. auch die kirche ist 14 jahre nach abschaffung des feiertags immer noch deprimiert, schreibt die welt. auch zeitlich lag der bbt immer so prima. er war immer an einem mittwoch, also deswegen zwar als brückentag eher ungeeignet. aber 5 wochen vor weihnachten einfach nochmal eine chance zum durchscnaufen bevor es in die stressige adventszeit ging. auch verpflichtete der tag nicht zu picknicks oder ausflügen wie etwa sein ebenfalls abgeschaffter bundesgenosse, der 17. juni. da war ja meistens tolles wetter und man musste deswegen raus und was unternehmen. nicht so der stille buß-und-betttag. er war ein angenehmer zeitgenosse. seufz, ich vermisse ihn auch weiterhin.

komplexe materie

wie kann es angehen, dass ein film sehenswert ist, aber dennoch schlecht? „der baader-meinhof-komplex“ ist genau dieses. sehenswert ist er als atmosphärisch dichtes drama um ein paar menschen, die die welt verändern und – in ihren augen – besser machen wollen. sie geraten dabei in die fänge eines zuweilen hilflosen polizeistaates, der sie prügelt, nicht verstehen will und in die kriminalität zwingt. so die aussage des films. und damit kommen wir zum punkt, warum der film schlecht ist. denn bekanntermaßen basiert der film auf einer authentischen geschichte. und genau das tut der film: er basiert. aber er gibt die geschichte nicht authentisch wieder. dafür fehlen zu wesentliche aspekte. ist das material, was sich regisseur und drehbuch vorgenommen haben vielleicht zu komplex? denn der baader-meinhof-komplex ist genau das: eine komplexe geschichte. und die versucht der film wiederzugeben, indem er mit der ermordung ohnesorgs (2.6.67) beginnt und mit der ermordung schleyers (18.10.77) endet (= 10 jahre + 4 monate). dazu reicht in diesem falle das format 150-minuten nicht. andere erzählen in dieser zeit die komplette geschichte des römischen reiches (6. jhd. v.chr. bis 5. jhd. n. chr. = 900 jahre pi mal daumen) und lassen, weil die zeit nicht ausreicht, ereignisse weg. das ist edels fehler. er lässt zu wenig weg. und so kommen die erklärungen zu kurz, z.b. warum der staat so handelt, wie er es tut; von einigen wenigen akteuren (meinhof, ensslin, boock) erfährt man etwas über ihre hinter- und beweggründen, von den meisten anderen erfährt man noch nicht einmal die namen.

für menschen ohne vorkenntnisse muss dieser film völlig unverständlich, oder was noch schlimmer ist, missverständlich sein. ein freund, der gestern mit mir im kino war, fragte wie der film wohl im ausland aufgenommen wird, wo vom deutschen herbst so gut wie nix bekannt sein dürfte. eine berechtigte frage. vermutlich vermittelt er dort das bild von einem deutschland als polizeistaat, der seine bürger niederprügelt, sobald sie anderer meinung sind. wer die geschichte der raf und des deutschen herbstes verstehbar erzählen will, der braucht zeit. der muss vor der ermordung ohnesorgs anfangen, der muss die akteure beider seiten mit ihrer geschichte greifbar machen. breloer beschränkt sich im „todesspiel“ auf die zeit vom 5.9.77 bis 25.10.77 (= 50 tage). der tag von schleyers entführung bis zu seiner beerdingung. der film dauert 177 minuten. im verhältnis 50 tage zu 177 minuten kann man erzählerisch ins detail gehen. kann erklären. im verhältnis 124 monate zu 150 minuten muss man sich beschränken, um erklären zu können.

der film ist sehenswert. ja. obwohl er auch dann wenn es ein fiktives drama wäre dramaturgische schwächen hat. aber er leistet einen beitrag zur auseinandersetzung. zur auseinandersetzung mit unserer geschichte. was uns deutschen ja immer so schwer fällt.

was denn nun?

über die verwirrung von sprachbildern sinnierte kürzlich bereits also wirklich. ich möchte dieses thema aus aktuellem anlass aufgreifen. in berlin wird gerade um ein volksbegehren für das wahlpflichtfach religion gerungen. bitte? wahl-pflicht-fach? was bitte ist das denn? habe ich nun als schüler die wahl oder die pflicht dieses fach zu belegen? ich bin verwirrt. selbst die ansonsten so aufschlussreiche wiki-erklärung bringt mich hier nicht weiter: „Als Wahlpflichtfach (kurz: WPF) wird ein Schulfach bezeichnet, bei dem man aus einer Auswahl von einigen Fächern wählen darf.“ soweit alles klar. aber weiter heißt es: „Im Gegensatz zu einem Freigegenstand ist die Wahl des Wahlpflichtfachs verpflichtend.“ was bitte ist ein freigegenstand und wie soll ich eine wahl haben, wenn diese verpflichtend ist? oder… moment, jetzt dämmerts! geht es hier um die wahlpflicht? nach dem motto: früh übt sich das noch nicht wahlpflichtige volk in der ausübung derselbigen, die zwar in deutschland gar nicht exisitiert, aber, was nicht ist, kann ja noch werden. denn die stetig sinkende beteiligung, nicht nur bei der bundestagswahl, sondern gerade auch bei landtags- und noch kleineren wahlen, sollte die politik ja doch schon erschrecken. sollte. tut sie aber nicht. denn mal ehrlich, vermutlich sind die politiker über die sinkende wahlbeteiligung doch nur froh. so müssen sie sich (noch) weniger skrupel darum machen, dass sie ja eigentlich gar keine volksvertreter mehr sind und das volk schon längst nicht mehr mit ihren sorgen und nöten verstehen, geschweige denn diese vertreten. also, die vorbereitung auf die einführung der wahlpflicht kann als erklärung auch nicht herhalten. was mit wpf gemeint ist, erschließt sich mir nicht. vielleicht muss man dazu nochmal die schulbank drücken, um die verwirrung der deutschen sprache heutzutage zu begreifen. obwohl ich bezweifle, dass man in der schule dazu heute anworten findet.