wie kann es angehen, dass ein film sehenswert ist, aber dennoch schlecht? „der baader-meinhof-komplex“ ist genau dieses. sehenswert ist er als atmosphärisch dichtes drama um ein paar menschen, die die welt verändern und – in ihren augen – besser machen wollen. sie geraten dabei in die fänge eines zuweilen hilflosen polizeistaates, der sie prügelt, nicht verstehen will und in die kriminalität zwingt. so die aussage des films. und damit kommen wir zum punkt, warum der film schlecht ist. denn bekanntermaßen basiert der film auf einer authentischen geschichte. und genau das tut der film: er basiert. aber er gibt die geschichte nicht authentisch wieder. dafür fehlen zu wesentliche aspekte. ist das material, was sich regisseur und drehbuch vorgenommen haben vielleicht zu komplex? denn der baader-meinhof-komplex ist genau das: eine komplexe geschichte. und die versucht der film wiederzugeben, indem er mit der ermordung ohnesorgs (2.6.67) beginnt und mit der ermordung schleyers (18.10.77) endet (= 10 jahre + 4 monate). dazu reicht in diesem falle das format 150-minuten nicht. andere erzählen in dieser zeit die komplette geschichte des römischen reiches (6. jhd. v.chr. bis 5. jhd. n. chr. = 900 jahre pi mal daumen) und lassen, weil die zeit nicht ausreicht, ereignisse weg. das ist edels fehler. er lässt zu wenig weg. und so kommen die erklärungen zu kurz, z.b. warum der staat so handelt, wie er es tut; von einigen wenigen akteuren (meinhof, ensslin, boock) erfährt man etwas über ihre hinter- und beweggründen, von den meisten anderen erfährt man noch nicht einmal die namen.
für menschen ohne vorkenntnisse muss dieser film völlig unverständlich, oder was noch schlimmer ist, missverständlich sein. ein freund, der gestern mit mir im kino war, fragte wie der film wohl im ausland aufgenommen wird, wo vom deutschen herbst so gut wie nix bekannt sein dürfte. eine berechtigte frage. vermutlich vermittelt er dort das bild von einem deutschland als polizeistaat, der seine bürger niederprügelt, sobald sie anderer meinung sind. wer die geschichte der raf und des deutschen herbstes verstehbar erzählen will, der braucht zeit. der muss vor der ermordung ohnesorgs anfangen, der muss die akteure beider seiten mit ihrer geschichte greifbar machen. breloer beschränkt sich im „todesspiel“ auf die zeit vom 5.9.77 bis 25.10.77 (= 50 tage). der tag von schleyers entführung bis zu seiner beerdingung. der film dauert 177 minuten. im verhältnis 50 tage zu 177 minuten kann man erzählerisch ins detail gehen. kann erklären. im verhältnis 124 monate zu 150 minuten muss man sich beschränken, um erklären zu können.
der film ist sehenswert. ja. obwohl er auch dann wenn es ein fiktives drama wäre dramaturgische schwächen hat. aber er leistet einen beitrag zur auseinandersetzung. zur auseinandersetzung mit unserer geschichte. was uns deutschen ja immer so schwer fällt.
Neueste Kommentare