Tag 3 // 26. Dezember 2013

Ein Köcherbaum im Köcherbaumwald. Wald?

In Anbetracht der endlosen Weiten und der äußerst dünnen Besiedlung des Landes, geht mir während unserer heutigen Fahrt ein Satz nicht aus dem Kopf: „Ich hatte eine Farm in Afrika.“ Dieser Eingangssatz aus Tania Blixens Roman „Jenseits von Afrika“, so brilliant filmisch in Szene gesetzt von Sydney Pollack, gewinnt eine neue Bedeutung, wenn die namibische Landschaft Stunde um Stunde an einem vorbeizieht. Eine Farm in Namibia lässt sich in nichts mit einem deutschen Bauernhof messen. Die Ausdehnungen dieser Farmen sind riesig. Fast endlos erstrecken sich eingezäunte Flächen soweit das Auge reicht. Farmhäuser, Menschen oder Tiere sind nur selten zu sehen. Vereinzelt nagen Gruppen von mageren Rindern das spärliche Blattgrün der wenigen Büsche und Bäume ab. Hin und wieder ist am Horizont ein Haus auszumachen. Das muss das Farmhaus sein, von dem aus diese unendliche Weite beackert wird. „Ich hatte eine Farm in Afrika“, erscheint mir unter diesen Umständen eine sehr einsame Angelegenheit zu sein.

Zum Mittag ist Stopp in Ketmannshoop. Einge deutsche Relikte wie das ehemalige Kaiserliche Postamt sind zu sehen. Aber sonst wirkt die Stadt wie ausgestorben. Wir fahren weiter. Der Köcherbaumwald ist wunderlich. Unter Wald stellt sich unsereins etwas anderes vor. Jedenfalls nicht alle 100 Meter mal ein Baum. Die Köcherbäume selbst sehen interessant aus, am Ende eines jeden Astes sitzt eine gelbliche Aloe. Die Baumkronen werfen skurille Schatten auf den Sandboden. Der Aufforderung, hier zwischen den Felsen mal ein bisschen Spazieren zu gehen, komme ich allerdings nur sehr zögerlich nach. Diese ganzen Schatten- und Sonnenplätze auf, um und unter Felsen sehen mir doch verdammt nach einem El Dorado für Schlangen aus.

Highlight des Tages ist laut Tourguide der Fishriver-Canyon. Ja, nun. Ein Canyon eben. Jede Menge Fels. Es geht tief runter. Schmale Schluchten, durch die ein Wasserrinnsal fließt. Ok. Kann man mögen, muss man nicht. Ich auch nicht. Ich bin auf dem 45-minütigen Rückweg zum Parkplatz mehr mit der Vorstellung von potenziell in der Sonne auf warmen Steinen liegenden Schlangen beschäftigt. Wende zur Sicherheit den am kalifornischen Lake Mono erfundenen Schlangenstampfgang an. Mit Erfolg. Keine Schlange in Sicht. Ein mitreisender junger Mann hat sich zum Fotografieren hüfthoher Büsche ein wenig von der Gruppe entfernt. Als er zurückkommt, fragt ihn Guide Uwe, ob er die Büsche berührt habe. Der junge Mann verneint. Darauf Uwe: „Gut so, die sind nämlich tödlich giftig. Wolfsmilchgewächse.“ Und ich mache mir Sorgen wegen der Schlangen! Die Natur, dein Feind und Helfer.

Viel interessanter als den ollen Canyon finde ich ein Straßenschild, das nach „Grünau“ weist. Wie ulkig. So heißt mein Nachbarstadteil hier in Berlin.

Nach ein paar Stunden Fahrt durch endlose Weite mit imposanten Tafelbergen zur Linken ist für den Tag Endstation in der Canyon Village Lodge. Irgendwie komme ich mir hier wie in Texas vor. Kein Strauch weit und breit, dafür jede Menge Felsen und Sand. Aber, die Lodge ist wiederum Gondwana und wiederum toll. Am Abend probiere ich zum ersten Mal in meinem Leben Kudu vom Grill, eine große Antilopenart. Ich beschließe für den Moment, nie wieder ein anderes Tierfleisch essen zu wollen. Blöderweise ist Kudu hier in Deutschland bei Kaufland oder Kaisers echt schwer bis gar nicht zu bekommen. Sehr ärgerlich.

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