der gemeine wanderzaun

erst standen sie rund ums tor. nun grenzen sie den unteren tiergarten und die uni von der feindlichen außenwelt ab. doch wie kamen sie dahin? um dem phänomen des gemeinen wanderzauns auf die spur zu kommen, sprachen wir mit prof. grizimek:
der gemeine wanderzaun (lat. wanderis zaunesis) ist in unseren breitengraden fast ausschließlich in den sommermonaten anzutreffen. steigen die temperaturen und häufen sich die festivitäten, an denen zahllose menschen leicht bekleidet und rhythmisch hüpfend in der freien wildbahn zu beobachten sind, dann ist meist auch der wanderzaun nicht weit. in der regel taucht er einige tage vor einer solchen massenzusammenkunft auf. seine scheue natur veranlasst ihn dazu sich am straßenrand eng an das, soweit vorhandene, unterholz zu schmiegen. vom dichten buschwerk wird der wanderzaun in der regel freudig begrüßt. laden doch seine schlanke form und seine grazilen rückenstreben besonders rankgewäche geradezu zur symbiose ein. ist eine festivität beendet, verweilt meist auch der wanderzaun nicht mehr lange an diesem ort. erneut macht er sich auf die suche nach der masse, die ihn in bewegung versetzt, die sich an ihn drängt, die er vor dem eindringen in die unbekannte natur schützt.

morgens halb neun in deutschland

morgens halb neun in deutschland. da ist die welt noch in ordnung. da ziehen sie grölend und johlend zur fan-meile. fahnenschwingend. bierseelig. stehen in schlange vor den einlässen. denn die meile hat noch gar nicht geöffnet. die besten plätze werden sie bekommen. direkt vor den leinwänden. ihre flaggen werden sie schwenken. ihre fahnen in den wind halten. deutschland vor! deutschland, du schaffst es! ein ruck wird durch dieses land gehen, wenn klinsis kicker weiterkommen, gewinnen, siegen… weiter so, deutschland! wird sind mit dir. morgens halb neun in deutschland.

millionensprünge

von welcher welle der aufmerksamkeit und freude wird diese wm getragen! wer hätte das gedacht? die besucherzahlen unserer fan-meile potenzieren sich von spiel zu spiel. erst hieß es, das ende der fahnenstange (sprich: der platz vor den bildschirmen) sei bei 500.000 feierwilligen erreicht – ich kann mir das gedränge vorstellen! dann waren es plötzlich beim letzten deutschlandspiel eine million. hochkant gestapelt? ich weiss ja nicht wie es euch geht, aber seit einführung von diesem euro-gedöns rechne ich ja jede zahl um. wenn ich also höre, da waren 500.00 auf der fan-meile, da denke ich automatisch: mensch, das sind in wirklichkeit also ne million gewesen. wo soll das enden? mittlerweile kommen menschen extra nur wegen der fan-meile nach berlin – fußball ist dabei sekundär. ich vermute, es liegt daran, dass franz jeden fan persönlich begrüßt. ja, ich glaube, der kaiser sitzt nicht nur bei jedem spiel im stadion, zwischendrin muss er sich ja auch beschäftigen. und ganz sicher jettet er da von flughafen zu bahnhof, von stadt zu dorf und drückt freudestrahlend jedem gast, der aus der welt bei uns freunden eintrifft, einen flyer in die hand mit den worten „… and here you can find the fan-meile of these city you are gerade entering…“

moment mal…

moment mal…


also, so haben wir nicht gewettet, jungs! jetzt hab ich mich gerade mit der fan-meile abgefunden – mit dem umweg fahren, mit dem durch die massen manövrieren und mit den fans selbst – da wollt ihr die fan-meile verlängern! was soll das denn? bis zur goldelse – um 500 meter – soll die meile bald reichen wie heute verschiedene medien vermelden. so wolle es der berliner senat. die fifa habe bereits ihre zustimmung erteilt. zum achtelfinale soll das passieren. weil da wieder ein großer ansturm erwartet wird. ok, es waren eine halbe millionen fans auf der meile unterwegs beim spiel deutschland-polen. da war’s halt ein bisschen kuschelig. na, und? das will doch der fan im allgemeinen und im speziellen sicher auch so. party machen lässt sich doch am besten im pulk! vor allen dingen – man wagt es ja kaum auszusprechen – was ist wenn klinsis kicker dann im achtel ausscheiden? gähnende leere an den bratwurstständen? verwaiste bierbuden? depressive karusselbetreiber? also, ich weiss ja nicht, ob diese entscheidung nicht ein bisschen zu übereilt getroffen wurde…

plan b

plan b


nun ist es also soweit. tag 1. die fan-meile ist eröffnet. noch 32 tage rambazamba rund um den reichstag. als ich heute morgen auf den großen stern zufuhr hieß der plan „ab durch den tiergarten“. schön idyllisch unter dem satten blätterdach dahingleiten. fernab vom radweg, wo toi-tois und dixis den weg versperren und glasscherben die reifen aufschlitzen. ein kleiner umweg – aber verschmerzbar. der plan schlug fehl. denn der tiergarten, sprich die idyllischen wander- und radwege, sind komplett gesperrt. der ganze tiergarten ist umzäunt von einer zwei meter hohen, unüberwindlichen mauer. kein durchkommen. jetzt haben sie uns also auch noch diesen weg versperrt. na, toll! der weg zur arbeit wird immer komplizierter. dann also plan b – außen rum. was bleibt mir anderes übrig, wenn ich nicht über moabit fahren will? für alle nicht-berliner: das sind ein paar flotte kilometer umweg. also, ich umrunde den großen stern und biege ab nach bellevue. auch die straße entlang der spree ist gesperrt wie ich jetzt sehe – und wird zudem noch polizeilich bewacht. aber, was soll’s. irgendwo muss ich ja mal weiterkommen. ich fixiere kurz den im weg stehenden polizisten, reisse in letzter minute den lenker rum und brause durch die absperrung. und? ich habe es geschafft. er hat mich passieren lassen. jubel! ein gefühl der erleichterung durchströmt mich. ja. ich werde arbeiten dürfen heute. ja. ich kann mein täglich brot verdienen. ja. ich bin da.