16. März 2010
die berliner sbahn startet endlich wieder durch. offensichtlich haben einige mitarbeiter bereits kundenbindungsseminare durchlaufen. denn entgegen der sonst gewohnten knarzlaute („endstation, allet austeejen“), war heute morgen beim umsteigen am ostbahnhof vom fahrer der dort endenden s3 völlig akzentfrei folgendes zu hören: „verehrte fahrgäste, der zug endet hier. wir bedanken uns, dass sie die sbahn als ihr fortbewegungsmittel gewählt haben. wir wünschen ihnen einen schönen tag. bis bald.“ also, „verehrt“ hat mich die sbahn bislang noch nie. ich bin ganz konsterniert. das waren offensichtlich auch die anderen fahrgäste, denn im waggon machte sich nach dieser durchsage ungläubiges staunen breit und auf einigen gesichtern lag ein verhaltenes, mildes lächeln. nach dem umsteigen gings dann in die s7. die war mal wieder so voll, dass die türen nur zugingen, nachdem alle einmal kollektiv die bäuche einzogen. ob der fahrer dieser linie an der endstation auch alle fahrgäste verehrte und ihnen einen schönen tag wünschte, konnte ich leider nicht mehr verifizieren. musste die sardinenbüchse blöderweise vorher verlassen.
17. Dezember 2009
morgens in der sbahn ist ja eigentlich nur eine sorte leute unterwegs: die, die zur arbeit oder in die uni eilen. die mit eher viel freizeit fahren später (außer rentner, die sind ja immer früh auf den beinen). die spezies zur-arbeit-eilender zeichnet eines aus: sie spricht nicht. sie starrt aus dem fenster oder liest zeitung. umso mehr fällt es also auf, wenn morgens in der bahn plötzlich jemand spricht. noch dazu, wenn er laut spricht. und umso mehr, wenn er mit sich selbst spricht. obwohl – mit sich selbst sprach der mann mit dem sangria-tertapack in der brusttasche seiner jacke eigentlich gar nicht. nach einem kräftigen frühstücksschluck aus der packung erzählte er allen in hörweite, dass er heute geburtstag habe. hier machte er eine pause – ich vermute um etwaigen spontanen gratulanten die möglichkeit zu sprechen zu geben. keiner sagte was. er werde 47, erzählte der mann weiter. das sei doch kein alter, oder? niemand stimmte zu. jetzt sei er auf dem weg zu oma. da gebe es heute eisbein. extra für ihn. noch ein schluck sangria. dann sagte er noch wie toll seine oma sei und wie toll, dass sie ihm eisbein koche. als er das sagte wurde seine raue trinkerstimme richtiggehend weich. ich fand es irgendwie rührend, dass der mann sich auf seine oma freut und seinen geburtstag mit ihr bei eisbein und sangria verbringt. und ich fand es traurig, dass ihm niemand in der sbahn gratuliert hat. ich hab mich mal wieder nicht getraut, was zu sagen. deswegen von hier aus: happy birthday, eisbeinmann!
10. November 2009
eigentlich hatte ich ja gedacht: was für ein luxus! seit einigen wochen fährt meine bahn nämlich – trotz sbahnkrise – in einem rutsch bis zur friedrichstraße durch. kein umsteigen und rumstehen mehr am ostbahnhof. das spart, na bestimmt, fünf minuten zeit! und, hola, das beste ist, wenn frau einen sitzplatz von anfang hat, schafft sie von der zeitung auf jeden fall den mantel und den berlinteil. im stehen kann ich nämlich nicht lesen. da wird mir schwindelig. vermutlich nervöses innenohr – man weiß es nicht… nun gut, zurück zur durchfahrtproblematik: problematisch ist es deshalb, weil nur jede zweite bahn durchfährt. die dazwischen hält wie gehabt am ostbahnhof und zwingt den müden morgendlichen bzw. abendlichen pendler zum verweilen am unwirtlichen bahngleis. nun denkt sich also in meinem kuscheligen vorort jeder pendler – und vermutlich auch jeder pendler in den vororten vor meinem heimatbahnhof – der bis friedrichstraße und darüber hinaus muss: da nehm ich doch die durchfahrende bahn, das ist bequem. falsch gedacht, liebe pendlerkollegen! denn jetzt sind die durchfahrenden bahnen rapsvoll, die mit umsteigezwang dagegen sind übersichtlich leer. na, toll! der morgendliche run auf die wenigen noch freien plätze, wenn die bahn einrollt, ist jedenfalls guinessbuchwürdig. die fülle in den abteilen hat tokioter qualitäten. wenn man am bahnsteig nicht absolut optimal positioniert steht – also, dort, wo sich direkt simsalabim die bahntür vor der nase öffnet und man als erste reinstürmen und auf den oftmals einzigen noch freien platz zustürzen kann, wenn man also vielleicht erst als zweite oder gar dritte durchs ziel geht, ja dann steht man halt – schlimmstenfalls bis friedrichstraße. das sind 11 stationen. einen hoffnungsschimmer gibt es allerdings: das ostkreuz. das ist, wie der name schon vermuten lässt, ein umsteigekreuz. da wird dann schon mal ein platz frei. und wenn man schnell ist, kann man dann sitzen, für die restlichen 6 stationen.
21. September 2009
die zweite sbahnkrise 09 geht in die dritte woche. diese ist viel schlimmer als die erste. auf dem stadtabschnitt geht nach wie vor nix. die wenigen regionalzüge, die die masse der sbahnfahrenden zwischen zoo und ostbahnhof ausfallsweise aufnehmen sollen, bersten. in der zahlreichen wartezeit, die ich in den vergangenen wochen angehäuft habe, konnte ich mir ausreichend gedanken über die hintergründe dieses desasters machen. und jetzt weiß ich es: die ganze sache ist von langer hand geplant, die perfide rache eines kleinen mannes, der ganz groß werden wollte, aber immer schon geahnt haben muss, dass er das nicht schaffen würde. und da hat sich dieser kleine große mann beizeiten hingesetzt und sich ein diabolisches szenario ausgedacht, in dem eine ganze stadt zum leiden gezwungen wird – vom image- und materiellen schaden gar nicht zu reden. gesagt, getan, hat er dann die maßgaben für völlig überzogene abgaben an seine getreuen weitergegeben in dem bewusstsein, dass das in eine katastrophe münden würde. und jetzt haben wir den salat. und ich bin mir sicher: das leiden hat noch lange kein ende. und was mich an dieser erkenntnis wiederum verblüfft ist die tatsache, dass sich niemand dagegen wehrt. niemand steht auf und haut dem wirklich verantwortlichen dafür einen in die fresse. wäre ich nicht durch und durch pazifistin, ich würde es tun.
2. Juli 2009
tag 3 der chaostage der s-bahn benötigt eindeutig mehr als 140 gezwitscherte zeichen. ey, leute, man, jetzt wirds allmählich eklig. das s-bahn-chaos im januar hatte im gegensatz zum aktuellen definitiv einen großen vorteil: es war kalt und alle trugen dicke jacken. heute morgen musste man schon ein sehr großer menschenfreund sein, um in diesen fahrenden pferchen stoisch zu bleiben. vom kleben der eigenen nackten an diverser anderer unbekannter ebenfalls nackter haut mal ganz abgesehen, wollte ich eigentlich nicht wirklich wissen, was mein quetsch-nachbar zur linken gestern abend gegessen und der zur rechten offentlich schlecht verdaut hatte. die s-bahn-mutter deutsche bahn hat ja für ihre heutige vorstandssitzung ein großes köpferollen angekündigt. leute! hallo? lasst erstmal eure räder wieder rollen – die köpfe können (und sollten) folgen.
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