kürzlich beobachtete ich mein achtzehn monate junges patenkind wie es mit mamas iphone spielte. es wischte fröhlich über den bildschirm, hielt das handy ans ohr, rief „allo, allo“, wischte wieder über den monitor, lachte und tippte fröhlich drauflos. auf mamas frage, an wen es schreibe, grinste mein patenkind und krähte: „imeeehl“.

twitter, facebook, xing, g+, yasni, bliblablub oder wie sie alle heißen, die sozialen dorfplätze unserer zeit. für 5- bis 45-jährige gehört es inzwischen zum standard, irgendwo im internet ein virtuelles profil zu haben, um dabei sein heißt. dabei sein … wobei eigentlich? es folgt ein wenig feldforschung:

neulich machte mich ein freund traurig als ich ihn am telefon fragte wie denn sein urlaub gewesen sei. seine antwort: tja, wärst du auf facebook, hättest du dir ja schon längst meine urlaubsfotos ansehen können. meine aufbrausende antwort enthielt meine üblichen einwände, dass ich dieser datenkrake nicht freiwillig mein leben in den rachen werfe und wieso ich mich mit mir völlig unbekannten menschen virtuell befreunden solle. ich steh dazu, ich finde die meisten plattformen für meine privaten belange überflüssig.

ähnliches dachte ich auch über twitter. jahrlang versuchte mich ein anderer freund von der notwendigkeit zu überzeugen ihm auf twitter zu folgen. auf meine frage nach dem warum antwortete er: damit du lesen kannst, was ich den ganzen tag so mache. hm. mein gedanke damals: wie bringe ich ihm jetzt schonend und diplomatisch bei, dass mich das gar nicht immer so brennend interessiert? wie ich heute weiß, lag ich da völlig falsch. denn inzwischen folge ich ihm auf twitter, habe ihn mit anderen freunden in einer liste und es gehört zu meinen lieblingsbeschäftigungen, mal nachzugucken, was denn „die jungs“ so machen. besagten freund sehe ich ein- bis zweimal im jahr, wir mailen etwa vier- bis fünfmal im jahr, telefonieren seltener. aber ich bin im groben und ganzen immer auf dem laufenden wo er so unterwegs ist und ob er einen schnupfen hat.

weniger informiert bin ich da schon über meine nichttwitternde allerbeste freundin, ihres zeichens ein mailmuffel. seit jahren maile ich ihr und warte. eine stunde. einen tag. eine woche. nach zwei wochen rufe ich an und frage, ob sie meine mail bekommen hat. in der regel telefonierten wir dann drei stunden und die mail hat sich erledigt. jetzt sind die telefonate kürzer geworden. warum? weil ich ihr nichts mehr erzählen muss. denn letztens unterbrach sie mich, als ich zu einer längeren telefonischen erzählung ansetzte und sagte: weiß ich schon alles. ich: woher? sie: ich lese deine tweets. ich: (schwieg verblüfft).

tja, und nun? unsere kommunikation ist im wandel. ohne frage. wer nicht sozial vernetzt ist, kriegt hin und wieder schon mal was nicht mit. aber, auch wenn ich wegen der kommunikation mit meinem patenkind irgendwann später doch bei facebook oder einem anderen datenmonster anheuern muss, freue ich mich hin und wieder doch noch über die gute alte analoge kommunikation. mein urlaubender freund war letztens leibhaftig da. wir haben lecker fondue gegessen und hinterher fotos geguckt. wir können also auch noch anders. die fotoshow kam aber natürlich vom handy. soviel fortschritt muss schon sein.